Liebe Kollegen, ihr seid bei Presto Verträger. Was genau ist denn eure Aufgabe?
L: Wir sind für die Zustellung von Zeitungen zuständig. Die Presto-Verträger und -Verträgerinnen sind gefordert, dies bis spätestens 6.30 Uhr zu tun. Wir müssen pünktlich sein, und dies bei jedem Wetter.
G: Ich stelle vier verschiedene Tageszeitungen sowie andere Zeitschriften zu. Dieser Job hilft mir, weiterhin im Alter beweglich und fit zu bleiben, und ist auch ein hervorragendes Training für das Gehirn.
Wie seid ihr unterwegs?
L: Bei uns haben wir den DXP. Diese Elektro-Dreiradfahrzeuge müssen wir zwischen 6 und 6.30 Uhr zurückbringen, damit sie wieder aufgeladen werden. Denn um 8 Uhr müssen sie für die Pöstler startklar sein.
G: Ich bin mit dem Auto unterwegs und bin eher noch schneller als mit dem DXP. Meine Touren haben extrem viele Treppen – dort hilft mir der DXP wenig.
Bis 6.30 Uhr zustellen heisst sehr früh aufstehen. Was gibt es sonst für Herausforderungen?
L: Wenn das Wetter schlecht ist, braucht man mehr Zeit. Dies bedeutet, noch früher zu beginnen. Und man muss stärker auf die Verkehrsverhältnisse achten!
G: Herausfordernd ist es nicht nur im Winter, wenn viele Strassen noch nicht vom Schnee befreit sind. Im Sommer haben wir manchmal Hagel. Und bei «tropischem Regen» habe ich auch schon 15 Minuten warten müssen, weil sonst die Zeitungen nicht trocken zugestellt werden können. Das würde die Kunden verärgern!
Je nach Ausgabe kann die Zeitung mehr oder weniger «dick» sein. Wie viel trägt ihr auf einmal?
G: Am Sonntag und vor den Festtagen kann eine Zeitung schon mal 800 Gramm wiegen. Zu Fuss trage ich so schnell 10 Kilo.
Das ist eine grosse Herausforderung, vor allem in einem Beruf, wo viele nicht mehr ganz so jung sind, oder?
L: Das stimmt. Besonders die vielen Prospekte machen die Ladung schwer. Einmal habe ich meine Zeitungen gewogen: Es waren über 60 Kilo!
Die Zukunft der Medien ist elektronisch. Hat diese Branche noch Zukunft?
G: Ich habe gemischte Gefühle: Die jüngeren Generationen lesen zwar weniger und vermehrt virtuell, aber trotzdem wird die Zustellung von Papierzeitungen geschätzt. Die Mengen sind bei mir stabil. Und sollte es Stromengpässe geben, wird das Virtuelle schnell hinfällig.
Ende August haben die GAV- und Lohn-Verhandlungen bei Presto begonnen. Wie fühlt ihr euch diesbezüglich?
G: Es ist für mich nicht die erste Verhandlung. Ich bin froh, dass wir diese nicht mehr virtuell führen. Und die Lage ist sehr ernst: Viele der Presto-Mitarbeitenden sind auf den Zusatzverdienst angewiesen. Ich erwarte, dass Presto das klar wahrnimmt: Die Firma sollte eine korrekte, wertschätzende Entschädigung gewähren.
L: Genau. Es ist höchste Zeit, dass wieder etwas für das Zustellpersonal gemacht wird. Die Löhne inklusive Mindestlöhnen müssen erhöht werden.
G: Seit ich dabei bin, hat es noch kaum eine Erhöhung gegeben – dies im Gegensatz zu anderen Branchen, wo es alternative Zusatzverdienstmöglichkeiten gibt mit besseren Löhnen.
Was ist neben dem Lohn die wichtigste Verbesserung, die ihr im GAV Presto aushandeln wollt?
G: Die Ausrüstung verbessern: Die Sicherheitsweste ist wertvoll, aber das genügt nicht.
L: Bei der Sicherheit sollte man nicht sparen: Die Belegschaft und die Firma profitieren gleichermassen.