Nationale Wahlen 2023 - mit Bedacht wählen!
Am 22. Oktober 2023 entscheiden wir Schweizerinnen und Schweizer, wer uns künftig im Parlament vertreten wird. Es ist eine wichtige Wahl und es gilt, unsere Stimme mit Bedacht einzusetzen. Denn Angriffe auf die Anstellungsbedingungen, den Service Public und dessen Personal nehmen stetig zu. Diese gilt es abzuwehren. Wie das gelingen kann; darüber hat transfair mit seiner Präsidentin – der Nationalrätin und Ständeratskandidatin Greta Gysin – gesprochen.
Interview mit Greta Gysin - der Präsidentin von transfair
Greta, 2019 wurdest du in den Nationalrat gewählt. Und dann erst noch als erste Grüne im Tessin! Nimm uns mit auf die politische Reise bis dahin.
Ich habe die klassische politische Ochsentour gemacht: 2004 wurde ich ins Dorfparlament gewählt, wo ich 8 Jahre lang war, eins davon als Präsidentin. 2007 wurde ich ins kantonale Parlament gewählt, wo ich bis 2015 engagiert war. Bis 2019 folgte eine politisch ruhigere Phase, bevor ich den ersten Sitz der Grünen im Nationalrat gewinnen konnte. Dass ich mit so vielen Stimmen gewählt wurde, war schon überwältigend.
Inwiefern hat sich dein Leben geändert?
Es war auf einen Schlag alles anders. Die Aufmerksamkeit war enorm. Plötzlich hat die ganze Schweiz über «die Grüne Greta aus dem Tessin» berichtet. Das war gewöhnungsbedürftig. Doch die mediale Präsenz ist positiv – so kann ich die Aufmerksamkeit auf Themen lenken, die für transfair und seine Mitglieder wichtig sind, und ihnen Relevanz verleihen.
Auch sonst ist mein Leben grundsätzlich anders. Die Sessionen geben den Takt an und sorgen für fünf Peaks, an denen die Tage randvoll gefüllt sind; jede Sekunde muss genutzt werden. Denn trotz Vorbereitungszeit ausserhalb der Sessionen muss während der Sessionen innert kurzer Zeit sehr viel Arbeit erledigt werden. Vorstösse werden eingereicht, Absprachen gemacht, Gespräche geführt – über die Parteigrenzen hinweg. Oft dauert dann ein Tag von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr abends.
Alles – das politische Engagement, das Präsidium von transfair und Familie und Freizeit – unter einen Hut zu bringen, ist harte Arbeit. Ich bin froh, habe ich ein Umfeld, auf das ich mich verlassen kann und das mich unterstützt. Ohne meine Familie wäre das alles nicht möglich. Besonders während der Sessionen bin ich Vollblutpolitikerin. Da hat es wenig Platz für anderes.
Du warst lange bei transfair angestellt. Zuerst als Mitarbeiterin in der Region Ost, dann als Leiterin und auch Geschäftsleitungsmitglied. Wie ging es nach der Wahl in den Nationalrat mit transfair weiter?
Mir war klar, dass ich den Beruf, wie ich ihn bis anhin ausübte, nicht mit meinem neuen politischen Amt vereinbaren konnte. Schnell kam die Idee auf, dass ich transfair strategisch und politisch unterstützen kann. So wurde ich zur Co-Präsidentin von transfair und habe dieses Amt bis zum Tod von Thomas letzten Oktober ausgeführt. Seither bin ich Präsidentin und unterstütze, wo es nur geht.
Da transfair Mitglieder und Mitarbeitende von bundesnahen Unternehmen vertritt und der Bund als Hauptaktionär strategische Richtwerte festsetzt, ist deine Unterstützung Gold wert. Wie genau unterstützt du transfair?
Schlussendlich sind es die Angestellten, welche die vom Bund festgelegten Strategien für Post, Swisscom und SBB umsetzen. Dass transfair auf oberster politischer Stufe Einfluss nehmen kann, ist äusserst relevant! Mit Vorstössen kann ich direkt auf Probleme eingehen, kritische Nachfragen stellen oder relevante Anstösse geben und Dinge bewegen. Seit meiner Wahl habe ich 21 Vorstösse im Sinne von transfair und seinen Mitgliedern eingereicht. Zudem unterstütze ich auch unsere Sozialpartner politisch dort, wo sie Hilfe brauchen. Denn die Angriffe auf den Service Public sind für die Unternehmen und Mitarbeitenden gleichermassen schädlich.
Du sprichst von Angriffen auf das Personal und auf den Service Public. Inwiefern nimmst du diese wahr? Und wie hat sich die Situation in den letzten 4 Jahren geändert?
Die bürgerliche Seite des Parlaments startet immer wieder Angriffe auf das Personal der Sozialpartner oder auf den Service Public generell. Seit der Wintersession 2022 haben transfair und ich beispielsweise gemeinsam foglende Geschäfte bekämpft:
- Öffentlicher Verkehr: Verschlechterung und Liberalisierung des Personenbeförderungsgesetzes, das die Löhne und guten Anstellungsbedingungen bedroht hätte (Sommersession 2022).
- Post & Logistik: Motion abgelehnt, die eine Opt-in-Lösung bei unadressierter Briefkastenwerbung forderte und somit Arbeitsplätze der transfair-Mitglieder bedroht hätte (Wintersession 2022).
- Öffentliche Verwaltung: Angriffe auf das Bundespersonal mit einer Motion, die die Anzahl Stellen und Personalausgaben des Bundes begrenzen wollte (Sommersession 2023).
Ein zunehmendes Problem ist auch, dass immer mehr Vorstösse eingereicht werden, die die Grundversorgungsaufträge liberalisieren wollen. Diese hätten zur Folge, dass der flächendeckende Service Public in der Schweiz verkümmern würde. Und mit ihm sind auch die Arbeitsstellen gefährdet. An der Stelle anzusetzen, die die Gesetze verabschiedet, ist deshalb sehr wertvoll, um diese Angriffe auf den Service Public und dessen Personal abzuwehren.
Und auch die Arbeitsbedingungen sind unter Druck. Wie schätzt du die Entwicklung ein?
Jüngst hat sich die Rechte in den Kopf gesetzt, die Bedingungen der Pensionskasse des Bundes massiv zu verschlechtern. Solche Vorhaben sind für das direkt betroffene Personal eine wahnsinnige Verschlechterung. Die bundesnahen Unternehmen, die sich teilweise an den Anstellungsbedingungen der Bundesverwaltung orientieren, könnten zudem in dasselbe Fahrwasser geraten. Und verschlechtern sich die Anstellungsbedingungen der grossen, vorbildlichen Arbeitgeber, geht es auch dem Personal bei den KMU schlechter. Es ist wichtig, dass wir früh intervenieren und die Mehrheit der Ratsmitglieder auf die Seite der Arbeitnehmenden «ziehen» können, um so die weitreichenden Angriffe abzuwehren.
Angriffe abwehren ist das eine. Du verschaffst den Anliegen der Mitglieder von transfair jedoch auch Gehör. Wie genau tust du das? Und kannst du uns einige konkrete Beispiele nennen?
Ich kenne natürlich aus meiner Arbeitserfahrung einige Praxisbeispiele, die mich immer inspirieren. Wenn nicht Themen direkt von Mitgliedern an mich herangetragen werden, besprechen wir an der politischen Strategiesitzung von transfair Handlungsfelder. So entstehen Motionen oder parlamentarische Initiativen, die intern ausformuliert werden und die ich dann in meinem Namen einreiche. In diesem Gremium erarbeiten wir auch, bei welchen Geschäften transfair aktiv den Nationalrat resp. Ständerat angeht, um mit einer starken Position und guten Argumenten zu überzeugen. Die prominentesten und wichtigsten Beispiele des letzten Jahres:
- Ganze Schweiz: Motion zu Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des Kindes während der Geburt (2021) oder Motion zur Lohngleichheit (2022).
- Öffentlicher Verkehr: Motion zur Ungleichbehandlung der SBB bei Kurzarbeitsentschädigung während Corona (2021).
- Post & Logistik: Anfrage zum Hausservice in den Randregionen (2021) oder Postulat zur Frage betreffend die sozioökonomischen Folgen von Verboten von Geld- und Werttransporten in der Nacht (2019).
- ICT: Interpellation zum Mangel an Fachkräften im ICT-Bereich (2022).
- Öffentliche Verwaltung: Interpellation zur Reorganisation der Eidgenössischen Zollverwaltung (2021).
Ein oft vergessenes Element der politischen Arbeit ist die Visibilität! Durch meine Position kann ich öffentlich auf auf für transfair relevante Themen aufmerksam machen, sensibilisieren und politische Relevanz für die Anliegen der Arbeitnehmenden schaffen! Zudem gibt der direkte Draht ins Parlament transfair auch ein gewisses Gewicht bei seinen Sozialpartnern und stärkt so die Position des Personalverbandes.
transfair und seine Mitglieder zu stärken; das ist dein Ziel. Wie kann das jedes einzelne Mitglied tun, im Hinblick auf die Wahlen?
Jede Partei polarisiert mit einem geschickt platzierten Hauptthema und versucht so, sich Stimmen zu sichern. Es war schon immer bewusst mein Ansatz, diese grossen «Hauptthemen» auszublenden. Stattdessen habe ich mich damit befasst, wer die mir wichtigen Werte vertritt und mir im Notfall hilft. Wer würde für mich entscheiden, wenn ich ein Problem am Arbeitsplatz habe; wenn die Rente nicht mehr zum Leben reicht? Sich solche Fragen vor der Abstimmung zu stellen, lohnt sich.
Wer ist Greta?
Greta Gysin (1983) ist im Tessin aufgewachsen und hat nach dem «Gymer» an der Universität Zürich Politikwissenschaften und Geschichte studiert. Nach ihrem Studium war Greta drei Jahre lang Projektleiterin für erneuerbare Energien. Dann folgte der Wechsel zu transfair. Zuerst war sie für drei Jahre Regionalsekretärin in Zürich und hat sich um die Sozialpartnerschaften PostNetz und SecurePost gekümmert. Von 2017 bis 2019 leitete sie die Region Ost und ihre 3 Mitarbeitenden. Ab 2018 war Greta zudem Mitglied der Geschäftsleitung von transfair. 2019 wurde Greta als erste «Grüne» im Tessin in den Nationalrat gewählt. Sie wurde zur Co-Präsidentin von transfair. Wer Greta privat kennt, weiss, dass sie ein waschechter Natur- und Familienmensch ist. Nebst Velofahren und Wandern verbringt sie gerne Zeit mit ihrer Familie (Greta hat drei Kids), liest spannende und vielseitige Literatur oder kreiiert mit Nadel, Faden und Bastelutensilien Kunstwerke.
Weitere Wahlempfehlungen
Liebes Mitglied, transfair legt dir ans Herz, Greta Gysin zu unterstützen. Nur so kannst du sicherstellen, dass dein Personalverband sich weiterhin auf der obersten politischen Ebene für dich einsetzen kann. Weiter stärkst du damit transfair auch in Bezug auf seine Relevanz und Visibilität. Dies wiederum stärkt die Position von transfair in der Sozialpartnerschaft. Wer nicht im Tessin wählen kann, dem kann transfair folgende Mitglieder empfehlen.
Solothurn
- Stefan Müller-Altermatt (Ex-Präsident von transfair)
- Joël Müller (Kundenbegleiter SBB)
Bern
- Edith Siegenthaler (Geschäftsführerin Dachverband Travail.Suisse)
- Adrian Wüthrich (Präsident Dachverband Travail.Suisse)
Waadt
- Léonore Porchet (Vizepräsidentin Dachverband Travail.Suisse)
Aargau
- Cybel Dickson (Syna)
- Willy Dick (Syna)
- Andre Rotzetter (Syna)
- Oliver Hippele (Syna)
- Herbert Weiss (Syna)
- Nik Rüttimann (Syna)
- Petra Meier (Syna)
- Cemal Kablan (Syna)
Jura
- Loïc Dobler (Syna)
Fribourg
- Anny Papaux (Syna)