Nach der Lehre ins Ausland: eine Erfahrung fürs Leben!
Seit diesem Jahr ermöglicht der Dachverband Travail.Suisse, zu dem auch transfair gehört, Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern ein einzigartiges Erlebnis: vier Wochen leben und arbeiten im Ausland. Im Sommer 2024 ging es nach Cork, in die zweitgrösste Stadt Irlands. Drei Teilnehmende berichten.
«Cork war eine Erfahrung fürs Leben», sagt Larissa Wernle. «Ich bin ein Landei», erklärt die 20-Jährige aus dem aargauischen Villigen lachend. Plötzlich fand sie sich inmitten der zweitgrössten Stadt Irlands wieder. «Die vielen Menschen und Häuser, noch spätabends Verkehr – das war ich mir nicht gewohnt.»
Larissa liess sich nicht einschüchtern, im Gegenteil. «Ich genoss es, die Stadt zu erkunden, und setzte mich jeden Tag in ein Café.» Mit ein paar anderen der 17-köpfigen Travail.Suisse-Gruppe organisierte sie zudem Ausflüge ins Umland, zum Beispiel zu den Cliffs of Moher, die senkrecht über dem Atlantik aufragen. «Die Natur hat mich extrem beeindruckt», so die junge Frau.
Frieren im Sommer
Cork war aber nicht nur Freizeit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Projekt «swype» (siehe Box) leisteten auch einen Arbeitseinsatz. Die frischgebackene Mediamatikerin Larissa kam in eine Online-Druckerei. Dort bedruckte sie Babykleider mit personalisierten Sujets. Die Arbeitsstruktur war ihr dabei völlig neu. «Meine Lehre in der Schweiz habe ich in einem grossen Unternehmen gemacht und war auf meine Aufgaben spezialisiert. Der Betrieb in Cork war hingegen sehr klein, und so half ich bei allem, was anfiel, etwa auch beim Verpacken der Ware.»
Zu Hause in der Gastfamilie war ebenfalls vieles ungewohnt. «Das Haus war zum Beispiel schlecht isoliert», erzählt Larissa. «Dadurch war es am Morgen manchmal richtig kalt.» Irischer Sommer eben. Gestört hat sie das nicht. «Ich habe mich wohlgefühlt. Meine Gastmutter, die Gastschwester und der Hund waren alle sehr lieb.»
«Essen schmeckte nach nicht viel.»
Auch in Sebastian Lanz’ Gastfamilie bellte hin und wieder ein Hund. Die Kulisse: ein klassisches Reihenhaus aus Backsteinen mit Rasen davor. «Nicht nur das Haus war, wie man es sich vorstellt», sagt Sebastian grinsend. «Auch das Essen. Dieses kam oft aus dem Kühlregal und schmeckte nach nicht viel.»
Zum Glück war der 20-Jährige frei, sich auch auswärts zu verpflegen. Dabei wurde er nicht selten von seinen beiden Chefs begleitet. «Diese waren beide jung und nahmen mich mit ins Pub oder auch zum Surfen», sagt Sebastian.
Englisch stark verbessert
«Mit meiner ‹Bude›, einer Schmiede, hatte ich echt Glück», sagt der Metallbauer aus Wyssachen im Oberaargau. «Ich konnte von Anfang an viel Verantwortung übernehmen.» Einmal musste er zum Beispiel eine Ablagefläche schmieden. «Dafür sollte ich mir selbstständig etwas überlegen, konnte alles Material brauchen und jederzeit nachfragen, falls ich nicht weiterkam.»
Das mit dem Nachfragen war manchmal allerdings so eine Sache. «Teilweise wusste ich nicht, wie ein Werkzeug auf Englisch heisst», erinnert sich Sebastian. «Mit Händen und Füssen konnte ich mich aber immer verständigen.» Und am Ende ging alles fast fliessend. «Ich habe mein Englisch stark verbessert, während der Sprachschul-Woche, vor allem aber im Alltag.»
Und noch etwas anderes hat sich für Sebastian in seinem Auslandaufenthalt getan: «Ich habe gesehen, wie gut wir es in der Schweiz haben. In Cork gibt es viel Obdachlosigkeit und in den Pubs wird echt viel Alkohol getrunken.»
Von der Autowerkstatt in den Brautmodenladen
Auch bei Ronny Gattlen (20) hat Cork Eindruck hinterlassen. Auch wenn bei seinem Arbeitseinsatz nichts wie geplant lief – oder gerade deshalb. Ronnys Einsatz in einer Autowerkstatt dauerte nicht lange. «Im Betrieb fehlte es an wichtigem Werkzeug und ich konnte zum Beispiel die Schrauben nicht sicher genug montieren», erklärt der Automechatroniker mit frischem EFZ. Darum fragte er bei der lokalen Kontaktperson, ob er den Betrieb wechseln könne.
Ronnys neuer Arbeitsplatz, der auf die Schnelle hermusste, war ein Kleiderladen – und zwar nicht irgendein Laden. «Ich kam in eine Hochzeitsboutique», erinnert sich der junge Spiezer lachend. Unterschiede zur Schweiz bemerkte er aber auch hier: «Ich arbeitete mit Abstand am meisten. Dafür waren die Leute viel freundlicher und entspannter als bei uns.»
Einen richtigen Alltag gespürt
Nach der Arbeit ging es für Ronny ins Pub, dort traf er sich mit ein paar anderen der Travail.Suisse-Gruppe auf ein Uno oder – so viel Heimat musste sein – einen Jass. Anschliessend fuhr er heim zu seiner Gastfamilie, gut 30 Busminuten von Cork entfernt. Wenn der Bus denn kam. Auch hier musste sich Ronny umstellen: «Manchmal wartete ich fast eine Stunde.»
Arbeit, Pub, mit dem Bus nach Hause – für Ronny hat sich in Cork ein richtiger Alltag ergeben. Für den jungen Mann eine Erfahrung, die ihn beeindruckt hat. «Ich konnte richtig spüren, wie es wäre, in Irland zu leben.»
Über «swype»
Seit Sommer 2024 bringt der Arbeitnehmenden-Dachverband Travail.Suisse, zu dem auch transfair gehört, junge Leute nach ihrem Lehrabschluss ins Ausland. Dort besuchen sie während einer Woche eine Sprachschule, arbeiten drei Wochen in einem für sie branchennahen Betrieb und wohnen in Gastfamilien. Die Kosten für Unterbringung, Sprachkurs und Flug trägt Travail.Suisse bzw. die Organisation movetia.
transfair betreibt Jugendförderung
Mit «swype» wollen Travail.Suisse und transfair die beruflichen, sprachlichen und sozialen Kompetenzen von Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern fördern. Mit ihrem Angebot schliessen sie eine Lücke im Schweizer Berufsbildungssystem: Bisher gab es nur für Maturandinnen und Studenten Möglichkeiten, kostengünstig einen Auslandaufenthalt zu absolvieren.
Interessiert? Die Anmeldung für das nächste Jahr ist ab Frühling 2025 möglich. Wir informieren dich gerne wieder auf unserer Website oder via Newsletter. Teilnahmeberechtigt sind alle, die 2025 eine Schweizer Berufslehre abschliessen. Du musst kein transfair Mitglied sein. Hier gibt es mehr Informationen.